Wanderausstellung Perspektivenwechsel

seit August 2008, Lisa Bähr und Stefanie Alles

Die Ausstellung ist eine Einladung an alle, die bereit sind, eine andere Welt durch die Augen eines anderen auf sich wirken zu lassen.

Hintergrund:

Es begann vor mehr als vier Jahren in einem schäbigen Büro in Delhi. Wie in fast allen Städten Indiens, leben auch dort tausende Kinder in den Zwängen einer modernen, aus allen Nähten platzenden, urbanen Wildnis. Sie leben unter unvorstellbaren Bedingungen, ohne festes Dach über dem Kopf, schutzlos vor Übergriffen, diskriminiert und ausgestoßen. Die Kindheit, die sie erleben, ist hart und beschwerlich.

Ich erlebte ihre Neugier, Freude, Auffassungsgabe und ihren starken Willen, alles lernen zu wollen. Diese Kinder, die das Leben durch die Härte der Straße gelernt und gelebt haben, haben in ihrem Inneren eine unglaubliche Reserve an Lebenskraft und einen Lebenshunger gespeichert, der uns fremd ist. Durch das Leben auf der Straße, haben sie einzigartige Fähigkeiten entwickeln müssen: Beobachtungsgabe, Ausdauer, Stärke und Zusammenhalt.

Damals entstand die Idee eines organisierten Workshops. Unser Ziel war es, die Dinge so zu zeigen, wie sie sind. Unsere Beobachtungen enthüllen uns bestimmte Ereignisse und verhüllen andere. Unser Wissen spiegelt unvermeidlich eine bestimmte Perspektive wider. Diese Gedanken faszinieren. Stellen sie doch unsere Grundfesten, nach denen wir Realität erfassen, in Frage. Was ist real? Was hat Wert? Was ist Gesetz und was ist ein Fakt? Die Idee: Gemeinsam die Perspektive wechseln, durch die Augen des Anderen eine andere Welt betrachten, andere Dinge in den Mittelpunkt rücken und für eine Weile Anteil haben. Die Photographie als Medium.

20 Kinder und Jugendliche erhielten die Chance, ihre Welt einmal anders wahrzunehmen und frei einen bestimmten Fokus zu wählen. Neben dem Umgang mit der Technik wurde das Photographieren praktisch eingeübt. Dieses Fotos lassen diese Kinder selber sprechen. Authentische Bilder, ohne Effekthascherei oder mit bestimmtem Ziel vor Augen. Die Ausschnitte, die von den Kindern gewählt wurden, entsprechen nicht immer dem, was wir erwarten.  Sie halten alltägliche Situationen fest, die uns verborgen bleiben.

Jedes Gerede über Zukunft ist unwichtig, wenn Kindern keine Chance gegeben wird, ihre eigenen Fähigkeiten zu erkennen und zu nutzen. Diese Bilder sprechen für sich. Sie zeigen, welche Potentiale in den Kindern für Bildkomposition und die Wahl der ‚richtigen‘ Perspektive steckt, und faszinieren mit ihrer eigenen Stimmung.